Datum

18 Apr 2023
Expired!

Uhrzeit

20:00 - 22:00

Und wer nimmt den Hund? – Konzertdirektion Landgraf

Es gibt Vorzeigepaare, die machen alles richtig. Georg und Doris Lehnert sind seit 20 Jahren verheiratet, er hat es als Biologe zum Aquariumsdirektor gebracht, sie hat zwei Kinder aufgezogen und sich um das Eigenheim in bevorzugter Wohnlage gekümmert. Jede Menge Alltag und gemeinsam gelebtes Leben. Die Kinder sind aus dem Haus, das Paar könnte sich neu finden…

Die Versuchung in Gestalt von Laura, Georgs zwanzig Jahre jüngerer Doktorandin, naht, und plötzlich steht seine Beziehung mit Doris vor dem Aus. Wer eine Schlammschlacht erwartet, muss umdenken. »Wir hatten unsere Zeit. Und jetzt ist die eben vorbei«, konstatiert Georg trocken, und auch Doris scheint sich für die Trennungsdynamik eher wie für ein Experiment unter Laborbedingungen zu interessieren. »Man will das doch irgendwie verstehen«, sagt sie und schlägt den gemeinsamen Besuch bei Trennungstherapeutin Gisela Bruhns vor. Das klingt nach ‚Scheidung light‘, frei nach dem modischen Lifestyle-Konzept „bewussten Entpaarens“ („conscious uncoupling“), auf das Hollywood Stars wie Gwyneth Paltrow schwören.

Der Witz und besondere Charme dieser Komödie besteht darin, wie Szene für Szene die Vernunft als das am wenigsten taugliche Instrument zur Lösung von Beziehungsproblemen vorgeführt wird. Das Publikum darf sich am Gefälle zwischen der erhofften problemfreien Trennung und den sich unvermutet meldenden Gefühlsverwirrungen des Paares ergötzen.

Statt Familiensinn dominiert plötzlich Lagerdenken: Beide Seiten werfen Kindern und Freunden mangelnde Loyalität vor, es wird um Geld und Besitzstände gefeilscht, die Lebensleistungen werden wechselseitig kleingeredet, die neuen Partner lächerlich gemacht und Pyrrhussiege, wenn es gelingt, den Ex eifersüchtig zu machen oder der Ex die Autoreifen zu zerstechen, werden schamlos ausgekostet. Die Frage, wer den Hund nimmt, ist unter den Bedingungen mühsam niedergerungener oder wie Geysire aufschießender Emotionen vergleichsweise zweitrangig. Erst als es einen unwiederbringlichen Verlust zu beklagen gibt, stellt sich bei den Kombattanten Wehmut ein, die vieles in ein milderes Licht zu tauchen vermag.

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